Von Unsichtbarkeit zu innerer Freiheit: Dein Raum gehört dir
So langsam kündigt sich der Frühling an und aus der dunklen Erde, aus den bisher so karg aussehenden Ästen keimt das erste Grün. Durch das trockene Laub des Vorjahres recken sich keck die Spitzen von Bärlauch und an anderen Stellen „klingeln „die Schneeglöckchen zart im Vorfrühlingswind. Wie geht es dir mit dem Erblühen, dem dich ausbreiten, zeigen, entfalten?
Kennst du das Gefühl, nicht zu viel Raum einnehmen zu wollen? Vielleicht spürst du Unsicherheit, wenn du dich mit deinen Stärken zeigst oder sorgst dich, andere könnten sich dadurch klein fühlen. Vielleicht denkst du, du müsstest dich immer richtig verhalten, um niemanden zu stören.
Vor kurzem habe ich genau diese Fragen gestellt und die vielen Antworten und Erfahrungen, die ich erhalten habe, haben mich tief berührt. So viel mehr Menschen – oft auch besonders Frauen – ringen mit diesem Thema. Du bist also nicht alleine damit, bist nicht falsch oder ungenügend deshalb.
Mein eigenes Aha-Erlebnis
Vor kurzem war ich einkaufen. Ich parkte mein Auto in der Tiefgarage und stellte beim Aussteigen fest, dass ich schief stand und in den benachbarten Parkplatz ragte. Mein erster Impuls war, sofort wieder einzusteigen und es zu korrigieren. Doch dann hielt ich inne und fragte mich: Was passiert, wenn ich es so lasse? Vielleicht ärgert sich jemand. Vielleicht fällt es gar nicht auf. Doch warum fühle ich mich schuldig, nur weil mein Auto gerade nicht perfekt steht?
Ich weiß, dass es für mich lange Zeit ein Muster war, mich möglichst anzupassen, ja nicht anzuecken oder jemandem zur Last zu fallen. Die Idee, dass ich meinen Platz im Leben erst verdienen müsste, war tief in mir verankert. Und auch wenn ich da schon viel für mich bewegt habe – hier tauchte das Thema zu stören, zu viel zu sein wieder auf. Natürlich ist ein Miteinander und auch Rücksicht auf andere wichtig und zutiefst kostbar. Aber wenn die Rücksicht auf andere immer auf Kosten unserer selbst geht, oder wir merken, dass Angst oder Schuldgefühle aufkommen, wenn wir mal nicht perfekt angepasst und rücksichtsvoll sind, dann ist es definitiv an der Zeit, sich mehr Raum für sich selbst zu nehmen.
Warum fällt es dir schwer, deinen Raum einzunehmen?
Vielleicht hast du gelernt, dass du nur geliebt wirst, wenn du brav, fleißig oder anpassungsfähig bist. Vielleicht denkst du unbewusst, dass du nur dann dazugehörst, wenn du niemandem zur Last fällst. Diese Muster sind oft tief verwurzelt, aber das bedeutet nicht, dass sie unveränderlich sind.
Schau mal, ob du dich hier wiedererkennst:
✯ Du versuchst, dich immer besonders gut an Regeln zu halten und alles richtig zu machen.
✯ Du sprichst deine Bedürfnisse nicht an, weil du Angst hast, dass es zu Konflikten führen könnte.
✯ Du telefonierst niemals in öffentlichen Verkehrsmitteln, um niemanden zu stören.
✯ Du stellst dein Auto lieber nochmal um, damit es wirklich niemanden behindert.
✯ Du spielst dein Wissen und deine Gaben herunter, um ja niemand anderen vor den Kopf zu stoßen oder als Hochstaplerin dazustehen.
Kommt dir etwas davon bekannt vor? Wenn ja, dann bist du nicht allein.
Eine kleine Übung für dich
Setz dich einen Moment hin und schließe die Augen. Stell dir vor, du wärst ganz neu auf dieser Welt, ohne Vergangenheit, ohne die alten Regeln, ohne die Erwartungen anderer. Wer wärst du dann? Wie würdest du dich bewegen, sprechen, handeln? Wie würdest du dich fühlen? Nimm dir einen Moment, um dem nachzuspüren. Öffne dich für diese Fragen mit einem neugieriegen „Was wäre, wenn…“ und schau einfach, wie du dich fühlst. Vielleicht fühlst du eine kleine Veränderung, vielleicht eine innere Freiheit, Leichtigkeit oder Größe. Du darfst deinen Raum einnehmen. Ohne schlechtes Gewissen. – Und wenn das in der Realität noch nicht immer umzusetzen ist, dann tue es hier und jetzt in deiner Vorstellung.
Ganz unten findest du übrigens eine EFT Klopfsequenz, die ich extra für dieses Thema aufgenommen habe.
Du bist nicht falsch oder egoistisch, wenn du dich zeigst. Du hast das Recht, Raum einzunehmen, deine Stimme zu nutzen und deine Bedürfnisse ernst zu nehmen. Die Welt braucht dein Licht, deine Präsenz und deine Einzigartigkeit.
Also frag dich: Was ist ein kleiner Schritt, den du heute tun kannst, um deinen Raum mutiger einzunehmen?
Warum gilt Empfindsamkeit als Schwäche?
Wenn wir unsere Bedürfnisse äußern, dann kann es sein, dass es als Befindlichkeit oder Überempfindlichkeit abgetan wird. Dann bekommt unsere gefühlte Realität keinen Raum und wir lernen vielleicht über unsere Empfindsamkeit, unsere Sensibilität oder Hochsensibiliät drüber weg zu gehen, weil wir damit „zu viel“, „zu anstrengend“, „zu empfindlich“ für andere sind. Woher kommt das eigentlich, dass wir Feinfühligkeit, Empfindsamkeit, das Ausdrücken von Bedürfnissen so schnell als mimosenhaft, als überempfindlich, als schwächlich ansehen?
Was wäre, wenn wir schon ganz früh durch die Mimik unseres engsten Umfeldes gelernt hätten, was gewollt ist und was nicht gewollt ist? Wenn Empfindsamkeit, Sensibilität uns ganz ohne Worte als etwas Störendes, Lästiges reflektiert worden wäre? Und was, wenn wir diese ganz frühen Prägungen, die sich in unserer Weltanschauung und auch in unserem Blick auf uns selber widerspiegeln, aufspüren könnten und aus heutiger Warte neu entscheiden könnten, welche Werte noch für uns stimmen und welche nicht? Würde das vielleicht den Blick auf das als "mimosenhaft" bewertete Verhalten verändern?
Wiesenschaumkraut und deine Feinfühligkeit
Das Wiesenschaumkraut ist eine filigrane, wunderschöne Blume, die in der freien Natur in voller Kraft blüht. Doch schneidet man sie ab und stellt sie in eine Vase, welkt sie oft schneller als andere Blumen. Statt zu denken: „Mann, wie überempfindlich, warum hält sie sich nicht tapfer in der Vase und blüht für mich weiter?“, könnten wir anerkennen, dass sie einfach nicht für dieses Umfeld gemacht ist. Ihr Welken ist keine Schwäche, sondern eine ganz natürliche Reaktion darauf, dass sie aus ihrer natürlichen Umgebung gerissen wurde – einem Umfeld, das ihre wahre Schönheit und Kraft unterstützt. Das Welken, die „Empfindlichkeit“ ist hier also eine ganz normale Reaktion auf ein nicht passendes Umfeld.
Die Rückkehr zu unserer wahren Natur
Als Kinder lernen wir oft, unser inneres Wesen, unsere Empfindlichkeit oder aber auch unsere Kraft auf unser Umfeld anzupassen, weil wir manchmal deutlich, manchmal einfach nur durch die kulturelle Konditionierung schnell gelernt haben, dass bestimmte Dinge absolut nicht angesagt sind. Was, wenn wir mehr und mehr zu unserer Verletzlichkeit, Empfindsamkeit und Sensibilität stehen könnten – und uns das in unserer Kraft erblühen ließe?
Von Herzen
Anna